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    #7 Die Wut und die Ehrlichkeit

    04.Dezember 2024 Ich bin für Wut und Zorn. Und ich beneide Menschen, die ehrlich genug sind alles raus zu lassen. Weil dann sind die Kanäle gereinigt und dann ist Platz für Ehrlichkeit. Und ich glaube mehr und mehr, dass die grosse Angst dann kommt, wenn die lauten Gefühle keinen Platz haben dürfen. Frust in sich hinein zu fressen und im nächsten Moment das grosse Übel in der alles verschlingenden, kapitalistischen Welt zu sehen; unangenehme Situationen derart überspielen, dass sich daraus eine Persönlichkeitsstörung entwickelt;

    verschiedene Avatare von sich zu erschaffen, um den Rahmen der Sicherheit nicht zu gefährden; das Erdenken von bauschigen Fantasiewelten, sich flüchten in die Welt der "Schönheit". Erzähle nur oft genug eine Lüge und sie wird wahr.

    Jeder Mensch hat seine Überlebensstrategien, ob einem das nun bewusst ist oder nicht. Manche funktionieren besser, als andere. Manche nur eine begrenzte Zeit.


    Ich lebe seit etwa fünf Jahren in der Schweiz im Grossraum Zürich, dem wahrscheinlich teuersten Pflaster in Europa. Und dort, wo das grosse Geld sitzt, wachsen die Menschen mit dem Wunsch auf, ein Teil davon zu sein.

    Ganz natürlich. Mir hat mal jemand gesagt: "In der Schweiz ist das so: 800 Jahre Bauernland und seit 80 Jahren machen sie Banken. Aber eines hat sich nie verändert: Es geht immer ums Melken." Seit nicht vielen Jahren gehen hier die Grundstückspreise durch die Decke. Jede Kuhwiese ist etliche Millionen wert.

    Und das erhöht den Druck im öffentlichen Raum. Wenn das grosse Geld zu schnell kommt, bleiben andere Dinge auf der Strecke. Vielleicht ist es Empathie, vielleicht Rücksicht, vielleicht Langsamkeit und Vorsicht. Schnelles Geld fördert sicher keine Haltung oder den eigenen Anstand. Diesen muss man kultivieren. Und das geht am besten mit Scheitern. Scheitern ist ein sicherer Weg sich selbst einen Schritt näher zu kommen. Demut zu entwickeln. Wenn sich alles am Geld orientiert gibt es nur Gewinner und Verlierer. Du hast Geld oder du hast keines. Es diese Menschen und jene Menschen. Schwarz und weiss. Nichts gegen Geld, ich liebe die Möglichkeit mit Geld zu erschaffen. Wird dem Erwerb von Geld aber so manches untergeordnet, wird es düster. Und das war es schon immer. "Es gibt kein Recht... du musst es dir nehmen, " sagt Kevin Costner in Yellowstone, einer der erfolgreichsten Serien aktuell.


    Sind unsere Grundbedürfnisse in der Wohlstandsgesellschaft gedeckt, ist Zeit für die grossen Fragen. Kann ich glücklich sein, wenn es so vielen Menschen dreckig geht? Nein. Kann ich jedem helfen? Nein. Ich muss einfach schauen, dass ich am Ende des Tages auch einen Teil des Kuchens bekomme. Und das möglichst in Würde und Anstand. Steht das im Widerspruch zu meiner Wut und einem ehrlichen Umgang mit meinen Gefühlen? Wahrscheinlich schon. Denn es klingt nach einem Kompromiss. Wut und Zorn kennen keine Deals. Sie sind da und wollen raus. Sie sind reine Lebenskraft.

    Und so pendle ich im Spannungsfeld zwischen Sicherheit und Anarchie auf der Suche nach Balance. Wohlwissend, dass sie eine Erfindung unsers Denkens ist, geboren vom Wunsch, dass eben irgendwie doch alles gut sein möge. David

     
     
     

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